Interview mit Robert-Jan Bumbacher, VRP, und Dr. med. Werner Kübler, Direktor

Das USB darf auf ein finanziell sehr erfolgreiches Geschäftsjahr 2019 zurückblicken. Auch was die Positionierung als universitäres Zentrum – regional und national – anbelangt, zeigt man sich zufrieden. Gleichzeitig galt es nach dem Nein zur Fusion mit dem Kantonsspital Baselland, die Situation zu beurteilen und Massnahmen zu treffen: Eine neue Eignerstrategie wurde durch den Regierungsrat bereits verabschiedet und die Unternehmensstrategie 2025 wird demnächst vorliegen. Auch mit den verschiedenen bestehenden, neuen und geplanten Kooperationen und Bauvorhaben ist das USB für die Zukunft bestens aufgestellt.

Vor Jahresfrist sprachen Sie, Herr Bumbacher, von einer positiven Entwicklung und einem erfreulichen Ergebnis. Konnte das USB 2019 daran anknüpfen und die gesetzten Ziele erreichen?

Bumbacher: Ja. Das USB hat sich 2019 sehr erfolgreich weiterentwickelt. Die Steigerung der stationären Fallzahlen untermauert die Bedeutung des USB als Zentrumsspital, das besonders für schwerverletzte und multimorbide Patienten das Versorgungszentrum in der Region Nordwestschweiz sein will. Doch auch der ambulante Bereich hat sich sehr gut entwickelt, wenn auch nicht so euphorisch wie man dies aufgrund des allgemeinen Trends hin zur ambulanten Behandlung erwarten würde. Die Entwicklung geht für uns genau in die richtige Richtung. Das wesentliche Ziel, uns als universitäres Zentrum regional und national noch stärker zu positionieren, verfolgen wir erfolgreich. Auch die relevanten finanziellen Kennzahlen konnten wir im 2019 deutlich steigern.

Herr Kübler, welche Zahlen zeigen stellvertretend die erfolgreiche Entwicklung?

Kübler: Einerseits zeigen die stationären Fallzahlen eine markante Zunahme von 2.2%. Andererseits ist auch der Case-Mix-Index (CMI) angestiegen und liegt jetzt bei 1.338, also klar über den Vorjahren. Wir sind damit im Mittelfeld der Schweizer Unispitäler angesiedelt. Mit dem Niveau sind wir aufgrund unserer regionalen Aufgabe und Position sehr zufrieden. Durch die beiden genannten erfreulichen Entwicklungen hat der Gesamtschweregrad (Casemix) um 5.1% zugenommen und als Folge ist auch der Umsatz gestiegen.

Die Fusion mit dem Kantonsspital Baselland wurde letztes Jahr an der Urne verworfen. Für das USB bleiben die Herausforderungen jedoch unverändert. Welche strategischen Überlegungen hat sich der Verwaltungsrat seither gemacht?

Bumbacher: Die Regierung Basel-Stadt hat die Eignerstrategie überarbeitet. Jetzt sind wir daran, die Unternehmensstrategie 2025 zu finalisieren. Bereits verabschiedet haben wir unsere neue Mission, die Bestehendes akzentuiert und unser Grundverständnis in drei Punkten wie folgt zusammenfasst: Wir wollen unseren Patientinnen und Patienten die beste Gesundheitsversorgung rund um die Uhr anbieten, zusammen mit der Universität Basel eine hervorragende Forschungs- und Lehrtätigkeit sicherstellen und als Partner im regionalen Life Science Cluster die Medizin der Zukunft weiterentwickeln. Dazu gehört, dass wir unser Angebot in der universitär-klinischen Medizin durch zukunftsfähige interdisziplinäre Schwerpunkte national und wenn möglich international klarer profilieren, um als Lehr- und Forschungsspital eine starke Marktposition zu sichern. Wir arbeiten hier mit einem externen Advisory Board zusammen, das uns bei der Entscheidungsfindung hilft. Wir bewegen uns in einem hochkompetitiven Umfeld und es geht darum, die Bereiche zu finden, in denen wir medizinisch-klinisch Neues entwickeln können.

«Gute Kooperationen haben beim USB Tradition und sind nicht erst mit dem Nein zur Spitalfusion wichtig geworden. Clarunis ist nur ein Beispiel, das zeigt, dass die Konsolidierung im Gesundheitswesen klappt, wenn man die Kräfte bündelt. Mit weiteren Partnern sind wir im Gespräch. Kooperationen sind aber keine Schnellschüsse. Sie brauchen, damit sie wirklich erfolgreich sind, ein bis zwei Jahre Vorlaufzeit.»

Robert-Jan Bumbacher, Verwaltungsratspräsident USB

Ziel ist es gemäss der neuen Mission ja auch, die Grundversorgung operativ weiter auszubauen und die Schnittstellen zu anderen Partnern und Versorgern optimal abzustimmen. Wo stehen Sie hier im Prozess?

Kübler: Um die Gesundheitsversorgung in der Region weiter zu verbessern, sind wir 2019 u. a. weitere Kooperationen mit baselstädtischen Spitälern eingegangen und haben unsere Schnittstellen optimiert. Im Berichtsjahr haben wir unsere Zusammenarbeit mit der Universitären Altersmedizin Felix Platter in deren Neubau nochmals vertieft. Wir optimieren unsere Schnittstellen und Prozesse mit den anderen öffentlichen Spitälern weiter, und wir sind selbstverständlich mit dem Kantonsspital Baselland im Gespräch, wie man trotz Ablehnung der Fusion das Angebot in der Region optimal aufeinander abstimmen kann.

Ein weiteres konkretes Beispiel für eine Kooperation ist Clarunis. Wie verlief das erste Betriebsjahr?

Kübler: Wir sind mit dem Start von Clarunis sehr zufrieden. Die Aufteilung der hochspezialisierten viszeralchirurgischen Leistungen auf die beiden Standorte hat bestens funktioniert. Das Angebot stösst bei den zuweisenden Ärzten auf positive Resonanz. Mit Clarunis ist es uns gelungen, ein Team von sehr guten Leuten aus beiden Institutionen zusammenzubringen und die Gesamtleistung und die Forschung überproportional zu stärken. Weiter geht es nun darum, die bestehenden Prozesse noch stärker zu optimieren und die Leistungen in einem überregionalen Markt zu positionieren.

Haben Sie noch weitere solche Ideen?

Bumbacher: Gute Kooperationen haben beim USB eine lange Tradition und sind nicht erst mit dem Nein zur Spitalfusion wichtig geworden. Clarunis ist nur ein Beispiel, das zeigt, dass die Konsolidierung im Gesundheitswesen klappt, wenn man die Kräfte bündelt. Ich erinnere bei diesem Thema immer gerne an unsere schon länger andauernde Zusammenarbeit mit dem Hôpital du Jura: Die Verzahnung eines regionalen Spitals mit uns als universitärem Zentrum über eine Sprach- und zwei Kantonsgrenzen hinweg funktioniert bestens. Letztes Jahr sind wir eine Kooperation mit dem Bethesda-Spital eingegangen, in der wir die elektive Orthopädie zusammenführen. Mit weiteren möglichen Partnern sind wir im Gespräch. Kooperationen sind aber keine Schnellschüsse. Sie brauchen, damit sie wirklich erfolgreich sind, ein bis zwei Jahre Vorlaufzeit.

Innovation und Digitalisierung sind Ihre strategischen Stellhebel gemäss Strategie 2020: Was wurde 2019 erreicht? Wie profitieren Patientinnen und Patienten?

Kübler: Wir fördern die interne Innovationskultur. Wir haben u. a. einen vierteljährlichen Ideenwettbewerb für Digitalisierungsprojekte. Eine Idee wird jeweils ausgewählt und weiterentwickelt. Wir haben aus dem Wettbewerb einige spannende Ideen in der Pipeline, die aber alle noch nicht so weit realisiert worden sind, dass sie schon bei den Patientinnen und Patienten wären. Sodann haben wir viel in die Digitalisierung der Datenbanken im Rahmen des vom Bund unterstützten Swiss Personalized Health Network investiert. Ein substanzieller Teil dieser Projekte, die national evaluiert worden sind, wurde mit Basler Beteiligung umgesetzt oder stand unter Basler Leitung. Mit der Initiative wird der Austausch von Forschungsdaten zwischen den Zentren gefördert. Das ist sehr wichtig und wir sind stolz, hierzu einen überproportionalen Anteil beigetragen zu haben.
Bumbacher: Auch auf Ebene Verwaltungsrat setzen wir uns sehr intensiv mit den Chancen der Digitalisierung im Gesundheitswesen und speziell in der Gesundheitsversorgung auseinander. Mit Frau Prof. Dr. Britta Böckmann, die ab 2020 neu im Verwaltungsrat sitzt, verstärken wir unser Know-how im Bereich Digital Health und Telemedizin.

Ein ganz anderes Thema ist die im letzten September eröffnete Klinik für Regeneration und Ästhetik. Wo stehen Sie hier?

Bumbacher: Der Start der Klinik ist gelungen, doch es ist noch zu früh für ein abschliessendes Fazit. Ausgangspunkt bildete das Angebot an uns und die Universität Basel diese einzigartige Stiftungsprofessur für Ästhetische Chirurgie einzurichten. Sie fokussiert auf die Regeneration und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit schweren äusserlichen Beeinträchtigungen, sei es durch Krankheit oder Unfall. Im Fokus stehen also Fälle, die für die Betroffenen sehr belastend sind. Die Professur wurde aber noch nicht vergeben. Wir werden dann mit derjenigen Person, die berufen wird, die Details der Ausrichtung nochmals genau anschauen.

Welche betrieblichen Highlights aus dem Jahr 2019 gilt es sonst noch zu erwähnen?

Kübler: Zunächst sind hier die zahlreichen Publikationen von Studien und Forschungsergebnissen unserer Mitarbeitenden in renommierten Journals und Fachzeitschriften zu erwähnen. Verschiedene unserer Mitarbeitenden durften anerkannte Forschungspreise entgegennehmen: Prof. Nina Khanna Gremmelmaier hat für ihre Arbeiten in der Erforschung von Therapien zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen den Wissenschaftspreis des Kantons Basel-Stadt erhalten, Prof. Mirjam Christ-Crain ist neu Trägerin des European Journal of Endocrinology Award, einem der prestigeträchtigsten Preise für Endokrinologie in Europa, Dr. David Winkel, der mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur schnelleren Erkennung lebensgefährlicher Verletzungen im Bauch gute Resultate erzielt hat, ist mit dem Young Investigator Award der Schweizerischen Gesellschaft für Radiologie ausgezeichnet worden, Dr. Raphael Twerenbolt hat für seine bahnbrechenden Arbeiten zur Verbesserung der Herzinfarktdiagnostik den Forschungspreis 2019 der Schweizerischen Herzstiftung erhalten, Prof. Christian Meier bekam den Philippe Bordier Clinical Award 2019 der European Calcified Tissue Society (ECTS) für seine langjährige Forschung im Bereich der Osteologie, Prof. Gregor Hutter erhielt den Annemarie Karrasch Forschungspreis der propatient Forschungsstiftung des USB für sein Projekt zur neuartigen Behandlung bösartiger Hirntumore und Prof. Daniel Baumhoer hat die President’s Medal der International Skeletal Society erhalten. Dieser Preis für herausragende wissenschaftliche Leistungen wurde erstmals überhaupt an einen Pathologen verliehen. Alle Publikationen und Auszeichnungen sind eine grosse Ehre und Ermutigung für uns alle. Sie zeigen, welche hochtalentierten und engagierten Mitarbeitenden am USB arbeiten. Ein weiteres Highlight war die Zusammenführung unserer zwei Intensivstationen, die bis anhin in unterschiedlichen Organisationseinheiten angesiedelt waren. Wir sind überzeugt, dass die Intensivmedizin noch mehr an Bedeutung gewinnen wird. Mit der Zusammenlegung der Teamstärke konnten wir das Gesamtsystem faktisch verdoppeln. Im Zuge der anstehenden Baumassnahmen werden die beiden Stationen künftig auch räumlich zusammengeführt.

«Wir haben eine grosse Zahl an Projekten, die wir realisieren möchten. Selbstverständlich ist die Perspektive auch beängstigend, dass wir in den nächsten Jahren eine Grossbaustelle sein werden. Wenn man ein modernes Spital sein möchte, das Spitzenmedizin bietet, dann muss man mit Baustellen leben können. Dass wir dieses Jahr keine Baustelle hatten, ist doch eher die Ausnahme.»

Robert-Jan Bumbacher, Verwaltungsratspräsident USB

Welche Ziele wollen Sie 2020 erreichen?

Kübler: Unsere Strategie 2025, die für die Zielsetzung relevant ist, wird demnächst erst verabschiedet werden. Doch wir wissen bereits jetzt, dass zwei bestehende Stossrichtungen weiterhin wegweisend sein werden, nämlich die Digitalisierung und die vermehrte Vernetzung und Integration in unserem Gesundheitssystem. 2020 steht ausserdem die Frage im Vordergrund, wie wir unser Areal und unsere Infrastruktur im sehr kompetitiven Umfeld weiterentwickeln werden.

Das bringt uns zum Neubau des Klinikums 2 und dessen Finanzierung. Was steht hier 2020 an?

Bumbacher: Die sogenannte Turmphase für das Klinikum 2 haben wir fertiggestellt, d. h. die Projektpläne stehen. Nach Abschluss der laufenden Strategiearbeiten geht es darum, die Baueingabe zu machen. Um das Klinikum 2 zu realisieren, benötigen wir auf dem Perimeter B auch Rochadeflächen. Die strategischen Entscheidungen werden aufzeigen, welchen Flächenbedarf wir in den nächsten Jahren haben werden. Ausgehend vom heutigen Wissensstand sind wir aber überzeugt, dass wir das Klinikum 2 sowie zusätzliche Flächen auf dem Perimeter B sicher brauchen.

Nach dem Nein zur Fusion richtete sich der Blick auch wieder nach innen auf die eigenen Strukturen im USB. Was wollen Sie mit der bevorstehenden Reorganisation erreichen?

Kübler: Wir arbeiten mit einem starken Kernteam aus verschiedenen Disziplinen an der Frage der zukünftigen optimalen Struktur des USB. Wir möchten dieses Jahr wissen, wie diese aussehen wird und wollen uns ab nächstem Jahr konsequent daran orientieren. In angepasster Form werden gewisse Elemente, die wir für eine mögliche Fusion entwickelt haben, weitergezogen. Wir suchen jedoch immer nach der besten Lösung für uns. Unser Ziel ist es, uns noch besser zu positionieren und die Leistungen noch patientenorientierter zu erbringen. Es geht ganz klar nicht um Kostenoptimierung. Es steht auch kein Personalabbau an. Es ist vielmehr eine Prämisse, dass die bestehenden Stellen sicher sind.

Zusammengefasst: Wo steht das USB heute, zu Beginn des Jahres 2020?

Kübler: 2020 wird ein spannendes und sehr anspruchvolles Jahr. Wir haben eine grosse Zahl an Projekten, die wir realisieren möchten. Verwaltungsrat und Spitalleitung sind sich aber voll bewusst, dass wir angesichts der sich abzeichnenden Krise wegen des neuen Coronavirus auch sehr vorsichtig mit den Kräften unserer Mitarbeitenden haushalten müssen. Trotzdem sind wir überzeugt, dass wir diese Projekte voranbringen müssen, damit wir den Spitalbetrieb – immer mit Blick auf unsere Patientinnen und Patienten – nach überstandener Pandemiephase weiter verbessern können. Wir können dafür auf ein starkes Team setzen. Selbstverständlich erheischt die Perspektive auch sehr viel Respekt, dass wir in den nächsten Jahren eine Grossbaustelle sein werden und dass wir verschiedene grosse organisatorische Projekte fahren. Doch alles ist sorgfältig geplant, führt in die richtige Richtung und schafft für die Zukunft neue Chancen. Wenn wir ein modernes Spital bleiben möchten, das Spitzenmedizin bietet, dann müssen wir mit Baustellen leben. Dass wir im Jahr 2019 keine grössere Baustelle hatten, ist eher die Ausnahme.
Bumbacher: Das Nein zur Fusion mit dem Kantonsspital Baselland war für uns alle zuerst einmal ernüchternd. Doch darauf folgte eine positive Dynamik. Der neue Elan war in der gesamten Organisation und in den verschiedenen Projekten positiv spürbar. Die Zahlen 2019 belegen, mit welch enormem Engagement unsere Mitarbeitenden daran gearbeitet haben, das USB noch erfolgreicher zu machen und noch besser zu positionieren. Mein herzliches Dankeschön geht deshalb an alle unsere Mitarbeitenden, die diesen Erfolg im 2019 möglich gemacht haben und für das Wohl unserer Patientinnen und Patienten immer ihr Bestes geben.